Projekt #6: Ulrich Schreiber
10. Juni - 28. August 2022

Blick in die Ausstellung



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Blick in die Ausstellung

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Projekt #6: Ulrich Schreiber

DavisKlemmGallery Projektraum, Kirchstraße 4, 65239 Hochheim am Main
Projekt #6: Ulrich Schreiber

DAS MATERIAL
Voluminös und dennoch fragil wirken die Skulpturen von Ulrich Schreiber. Das Material Draht ermöglicht sowohl Leichtigkeit als auch Stabilität. Schreiber verwendet den Draht wie einen Bleistiftstrich im Raum. Eine besondere Möglichkeit und Herausforderung zugleich – sowohl für den Künstler als auch für den Betrachter – ist die Überlagerung der Linien. Striche, die in einer Zeichnung nicht sichtbar sind, weil sie die Rückseite des dargestellten Objekts umreißen, sind hier klar sichtbar. So überlagern sich Vorder- und Rückseite und bilden je nach Perspektive neue Zusammenhänge.

DER KÜNSTLER
Ulrich Schreiber (*1960) wollte ursprünglich Grafik und Design studieren. Und Grafiker ist er irgendwie auch geworden, nur zeichnet er mit Draht statt mit dem Stift. Im dreidimensionalen Raum statt auf dem zweidimensionalen Papier. Geprägt hat ihn das Studium im Mainz. Dort studierte er zunächst Kunsterziehung, später freie Kunst an der Johannes-Gutenberg-Universität. In der Metallklasse von Professor Ullrich Hellmann wurde er inspiriert, mit stabilerem Material als dem Bleistiftstrich zu arbeiten. Neben dem Salzburgstipendium der Stadt Mainz und dem Albert-Haueisen-Förderpreis prägten ihn vor allem zwei Burgund-Reisestipendien des Landes Rheinland-Pfalz. Mitte der 1990er Jahre begann er auch in Burgund zu arbeiten, wo er in einem Hof ein zweites Atelier eingerichtet hat. Er lebt und arbeitet seither in Mainz und Burgund, Frankreich.

DIE HERSTELLUNG
In seinen freien Arbeiten verwendet Ulrich Schreiber den Draht tatsächlich wie eine Bleistiftzeichnung. Sein Atelier wirkt daher eher wie eine Metallwerkstatt mit allen notwendigen Werkzeugen und Materialien, um Arbeiten aus Eisen in Form von Drähten, Stäben, Rohren und Blechen herstellen zu können. Dabei spielt - anders als bei einer Zeichnung - in der Dreidimensionalität die Statik eine große Rolle.

DIE EINFLÜSSE
Seine Ideen findet Ulrich Schreiber oft im Alltag, oft auch in Dingen, zu denen er keinen persönlichen Bezug hat. Seine Wohnwagen und Hochsitze spiegeln nicht etwa seine bevorzugte Lebenswelt wider, sondern drücken eher eine distanzierte Faszination für Objekte aus, deren Lebenswelt er nicht nachempfinden kann. Genau wie der Schreibtisch sind es jedoch Objekte, die in verschiedensten Formen und Variationen zu finden sind. Schreiber fängt ihre reduzierte Form ein, die den fast platonischen Charakter eines allumfassenden Typs wiedergibt. Gerade so viele Details werden hinzugefügt, um das Objekt lebendig und erfassbar zu machen. Viele unnötige Aspekte werden weggelassen, um einen reduzierten und gleichzeitig vollständigen Charakter der Dinge zu zeigen. So erinnern seine Drahtzeichnungen im Raum in ihrer Idee an die reduzierten Portraits Pablo Picassos, die mit nur einer Linie den Charakter eines Menschen oder eines Tiers einfangen – bekanntestes Beispiel ist die Friedenstaube.

DIE INSTALLATION
Ein Schreibtisch mit verschiedenen Utensilien, im Hintergrund Aktenordner. Eine Bürosituation. Vor Jahren arbeitete Ulrich Schreiber an einem Schreibtisch für eine Ausstellung, als ihm bewusst wurde, dass dieser Schreibtisch kein allgemeines, unpersönliches Ding ist. Kein Chefsessel sollte davorstehen, von dem aus ein Konzern geleitet wird. Unwillkürlich hatte er den Schreibtisch seines Vaters nachgebildet, wie er ihn aus seiner Erinnerung an dessen Arbeitsplatz als Buchhalter kannte. Zahlenkolonnen und Aktenordner, das Geräusch von Papier und Rechenmaschinen. Passend für den ehemaligen Schreibwarenladen hier in Hochheim, zeichnet er diese Erinnerung in Draht nach. Der schwere Schreibtisch und die Massen an Akten entstehen – wie die Erinnerung – dabei nur im Kopf des Betrachters. Denn das Volumen, das hier dargestellt wird, besteht nur aus dessen Umrissen. Die Spannung zwischen den skizzierten Linien lässt die komplette Einrichtung vor unseren Augen entstehen. Das tatsächliche Objekt ist so leicht, dass eine einzelne Person es problemlos transportieren könnte.

DER RAUM
Der 20 m² große Raum, in dem früher Stifte und Schulhefte verkauft wurden, steht nun Künstler*innen der DavisKlemmGallery zur Gestaltung zur Verfügung. Statt regelmäßiger, aber begrenzter Öffnungszeiten, ist der Raum rund um die Uhr zu besichtigen: Durch die große Fensterfront ist der komplette Raum und damit das jeweilige Projekt ständig einsehbar. So werden hier wechselnde Projekte, Installationen, Kunstwerke und Künstler zu entdecken sein. Die aktuelle Präsentation wird bis 28. August 2022 zu sehen sein.