Virtuell 1: 30 Jahre Spraybanane - Teil 1
1. - 31. Januar 2016

Blick in die Ausstellung
Reaktionen IV: Eine öffentliche Danksagung des Kölner Galeristen Wolfgang Wangler. Man beachte den "Chiquita Sticker" von Baumgärtel rechts: über der Banane steht "Kölner Konzeptkunst" und vor der Banane "Bananenart".


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Blick in die Ausstellung

Blick in die Ausstellung

Virtuell 1: 30 Jahre Spraybanane - Teil 1

Im Jahr 1986 wurde die erste Banane gesprüht. Wo die allererste Banane gesprüht wurde, lässt sich nicht mehr genau rekonstruieren. Es war auf jeden Fall in Köln - damals die Kunstmetropole Deutschlands. Heute sind es Tausende von Kunstorten, die der Bananensprayer Thomas Baumgärtel mit seinem persönlichen Qualitätssiegel ausgezeichnet hat. Im Januar starten wir eine Reihe von virtuellen Ausstellungen, die wir fortsetzen bis die DavisKlemmGallery nach der Sommerpause ihre neuen Räumlichkeiten eröffnet.

Klicken Sie sich in der Bildergalerie von Bild zu Bild - und Sie sehen in einer Bilddokumentation, wie sich die erste Dekade der Spraybanane entwickelt hat. Im Teil 1 untersuchen wir die Anfangsjahre der Spraybanane. Was bringt einen jungen Zivildienstleistenden (Anmerkung: in der dritten Instanz erst wurde er vom Wehrdienst befreit - ein früher Beweis seiner Hartnäckigkeit.) in einem katholischen Krankenhaus im Jahr 1983 auf die Idee, eine Bananenschale an einem Kreuz zu befestigen als Ersatz für die zerbrochene Jesusfigur? Thomas Baumgärtel, in Rheinland aufgewachsen, hat eine Reaktion einkalkuliert – vielmehr hat er bewusst eine Reaktion provoziert. Dieses Spiel zwischen Aktion und Reaktion sollte prägend sein für seine Kunst und für seine späteren Projekte.

Von 1985 bis 1990 studiert Thomas Baumgärtel Freie Kunst an der Fachhochschule in Köln. Ein Diplom in Psychologie folgt, sowie eine Ausbildung zum Kunsttherapeuten. Die Erinnerung an die „Ur-Banane“, wie er die Bananenschale am Kreuz nennt, lässt ihn als junger Student nicht los. Vielmehr ist es der Ausgangspunkt für eine intensive Auseinandersetzung mit der Banane als Ersatz, als Stellvertreter, als Symbol für Freiheit, für Schalk, für Krummes, für … Alles.

1986 entwickelt er die „Spraybanane“, mit der er zunächst in Köln von ihm für gut befundene Kunstorte markiert . 1987 schreibt er selbst über sein „Bananenprojekt Köln“: „ich wollte in einer genauen Dokumentation und Untersuchung festhalten, welche Wirkung das Graffiti hat, was die Leute in die Banane hineinsehen, und wie sie sich ihr gegenüber verhalten.“ Das konnte er am eigenen Bankkonto erleben: zahlreiche Geldstrafen für Sachbeschädigung und Reinigungsdienste. Aber es gab auch Anhänger seiner Idee - Briefe von Galeristen, die auf eine Banane warteten, oder deren Banane unachtsam übermalt worden war und nun vermisst wurde. Der Bananensprayer war angekommen.

In dieser Reihe von virtuellen Ausstellungen wollen wir zum 30. Jubiläum der Spraybanane Baumgärtels Idee beleuchten und einige Höhepunkte seiner Geschichte in Erinnerung rufen. In drei virtuellen Ausstellungen werden die drei Dekaden beleuchtet. Zweifelsohne gehört Baumgärtels Bearbeitung von Wolf Vostells Plastik „Ruhender Verkehr“ auf dem Hohenzollernring in Köln zu den großen Projekten der ersten zehn Jahre. Es ist ein Paradebeipiel für das Spiel zwischen Aktion und Reaktion.

Die erste Übersprühung mit Bananen war am 16./17. März 1993. Anfang April begann er auf dem „Dach“ der Vostell-Plastik zu zelten. Die Überschrift der Kölner Stadtanzeiger vom 10./11. April 1993: „Bananenstreik auf Kölns kleinstem Campingplatz“. Wolf Vostell war nicht mit der Überarbeitung seines Kunstwerks durch Baumgärtel glücklich und wollte, dass es von Bananen befreit wird. Baumgärtel geht in den Bananenstreik und beginnt Unterschriften pro Banane zu sammeln. Am 17. April wird die Plastik von einem Unbekannten mit weißer Farbe grob übertüncht. Anfang Juni sprüht Baumgärtel dann die „Euroversion“. In der Nacht vom 23. auf den 24. Juni wird die Skulptur abmontiert und wegtransportiert - für die Reinigung. Wie Baumgärtel darauf reagierte, ist in der Bildergalerie zu sehen …

Ich bedanke mich sehr herzlich bei Thomas Baumgärtel, der sein sehr umfangreiches Archiv für dieses Internetausstellungsprojekt zur Verfügung gestellt hat.